Gedanken zum Magnificat

Stichworte
Ein Koffer im Dunkeln, ein Lichtstrahl fällt darauf

Ein Text von 1994 zum "Magnificat" der Maria (Lukas 1, 46-54)

Gott. Mein Gott!

Wie gern würde ich das:
Dich erheben.

Auf, meine Seele, erhebe Gott!
Mein Geist freue sich!
Nun freu dich schon!

Nicht mehr viel da, was ich erheben könnte.

Irgendwo im Alltagsgerümpel,
irgendwo in meinem Kopf:

Eine kleine, verstaubte Schachtel,
innendrin:
Mein letztes Stückchen Gott.

Nicht theologisiert, exegesiert, problematisiert.
Auch nicht groß, stark, mächtig.
Einfach nur: Gott.

Siehst du mich?
Schau endlich her, Gott, du!

Hörst du mich?
Antworte mir doch, antworte mir!

Ich weiß: du hast schon Großes an mir getan.
Hast mir so vieles gegeben, so viel Gutes.
Hast mich verschwenderisch ausgestattet mit so vielen, vielen Gaben.

Lass mich jetzt nicht sitzen!
Geh nicht weg, Du!

Zweifel plagen mich:

Er stößt die Gewaltigen vom Thron?
Wo denn? Wann denn?
Wo erhebst du die Niedrigen?

Hungernde werden satt?
Ist doch gar nicht wahr!

Was tust du eigentlich?
Däumchen drehen, oder was?

Gott, man sagt: Du bist da.

Da, bei denen,
die hungern, leiden, trauern, verzweifeln.

Vielleicht
finde ich dich da wieder?
 

16.11.1994

Bild: ChatGPT/Heiko Kuschel